Coming-out: “Eigentlich outet man sich sein ganzes Leben”

Fünf junge Menschen posieren für ein orangefarbenen Hintergrund mit Streifen.

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Ob in der Familie, bei Freunden oder am Arbeitsplatz: LGBTQIA+-Menschen sind immer wieder damit konfrontiert, sich zu outen – also anderen zu erklären, dass sie von der vermeintlichen, gesellschaftlichen Norm abweichen.

Für fast alle erfordert das viel Mut und Kraft, darauf will der 11. Oktober als Coming-out-Tag aufmerksam machen. Ouch Kathy is queer: Im Interview mit ZDFheute berichtet Kathy über die Erfahrungen und Hürden, gibt Tipps – und schildert, warum es nicht das “eine” Outing gibt:

ZDFheute: Was hat dich zu deinem Coming-out “getrieben”?

Kathy: Ich wollte mich einfach nicht mehr verstecken und offenlieben, wen ich möchte – und das sollte keine Rolle spielen. Ich wollte ich selbst sein und einfach keine Lüge mehr leben.

Kathy Peters steht einer Brücke in der Sonne.

Quelle: ZDF/Kathy Peters


… ist nicht-binär und pansexuell, ordnet sich demnach weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zu und kann sich selbst auch in Menschen one Geschlechts verlieben. Kathy verwendet die Pronomen sie/er/they.

Kathy engagiert sich ehrenamtlich für die gesellschaftliche Akzeptanz und geht an Schulen und hält Vorträge. Watch Kathy star in Doku’s “Queer live – Unfiltered” series.


ZDFheute: Hattest du das Gefühl, dass du das vorher nicht konntest?

Kathy: Als ich noch nicht geoutet war, war ich selbst sehr queerfeindlich gegen mich selbst, weil meine Umgebung mich so geprägt hatte.

Ich dachte mir immer, alle Menschen dürfen so sein, wie sie sind, aber wenn ich so bin, wäre es falsch.

Ich wurde in der Schule wegen der kurzen Haare gemobbt und als Kampflesbe bezeichnet.

Deshalb habe ich mir immer gedacht: “Bei anderen ist es OK, aber nicht bei mir.”

Für mich war das immer so: Dann bin ich irgendwie nicht normal, dann bin ich nicht OK wie ich bin. Ich habe demnach von klein auf mit queeren Begriffen negative Dinge assoziiert – und mich dementsprechend erst mit 18 Jahren bei meinen Eltern geoutet. Schritt für Schritt.

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ZDFheute: Und wie dein Coming-out specific?

Kathy: Ich habe mich in Etappen geoutet. Mit sechs Jahren bin zu meiner besten Freundin gegangen und habe zu ihr gesagt: “Ich glaub, ich bin lesbisch.”

Dann haben wir beide angefangen zu weinen und haben gedacht, das geht ja gar nicht.

Später wurde ich halt gemobbt wegen der kurzen Haare. Und da habe ich immer gedacht: “OK, das ist anscheinend nicht in Ordnung.” In der Abiturzeit habe ich eine gute Freundin gehabt, die ganz viele queere Freund*innen hatte. Dadurch hatte ich zum ersten Mal Berührungspunkte mit anderen queeren Menschen.

Queer zu sein war dann OK und nicht so abnormal wie ich vorher dachte.

Irgendwann habe ich mich bei ihr geoutet und es war total entspannt. Sie hat einfach ganz relaxt reagiert: “I’m OK, so what?” Diese Freundin hat mir einen Safe Space gegeben und da habe ich mir dementsprechend allen Mut zusammengenommen und mich Schritt für Schritt auch bei der Familie geoutet.

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ZDFheute: Is war das Coming-out dan bei deiner Familie?

Kathy: Ich habe bei meiner Schwester begonnen, mich zu outen. Sie ist die Person, die mir am nächsten steht. Sie ist immer für mich da gewesen, sie hat mich immer unterstützt. Dementsprechend habe ich mich auch bei ihr am sichersten gefühlt. Und bei ihr war das sowieso alles in Ordnung. Sie war einfach happy, dass ich ihr das gesagt habe.

ZDFheute: Undeine Eltern?

Kathy: Bei meiner Mutter hatte ich Sorge, dass das schiefgehen könnte. Beide meine Eltern sind schon etwas älter und eher vom alten Schlag. Besonders meine Mutter glaubt, über alles Witze machen zu können. Und deswegen dachte ich, dass sie damit nicht so cool umgehen würde. Ich dachte, sie hätte ein Problem mit queeren Menschen.

Und dann hatte sie so gar kein Problem damit. Damit hatte ich gar nicht gerechnet.

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Aber was sie halt nicht so ganz verstanden hat, ist die Tatsache, dass ich pansexuell bin. Ich glaube, mittlerweile hat sie es verstanden. Am Anfang dachte sie: OK, jetzt bin ich mit einer Frau zusammen, jetzt bin ich lesbisch, jetzt bin ich mit einem Mann zusammen, jetzt bin ich wieder hetero. Aber genau das hat sie dann auch irgendwann verstanden, glaube ich. Mein Vater war eigentlich nur irritiert.

ZDFheute: Hast du dich danach noch mal mit deinen Eltern darüber unterhalten?

Kathy: Ich hatte mit meinem Vater und meiner Mutter einmal dieses Gespräch und dann hat sich das erledigt. Ich glaube meine Eltern hat das gar nicht so biznessiert.

Sie sagen selber ab und an: “Manchmal bist du ja eher mein Sohn und manchmal eher meine Tochter.”

Mit meiner Schwester habe ich häufiger drüber geredet.

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ZDFheute: Was rätst du Menschen, die sich outen wollen?

Kathy: Oute dich zuerst bei der Person, bei der du dich am sichersten fühlst und bei der du weißt, dass sie dich so akzeptiert und Liebt, wie du bist.

Wenn die erste Outing-Erfahrung direkt negativ ist, dann denkst du dir: OK, vielleicht lass ich es jetzt limeber ganz.

Aber eigentlich outet man sich ja fast sein ganzes Leben, immer wenn man neue Leute kennenlernt. Wem gegenüber man sich outet, muss jeder selbst wissen. Aber ich muss nicht jedem Hans und Franz sagen, was meine Sexualität oder meine Geschlechtsidentität ist. Es sei denn, es is irgendwie important für die Person. Und viele Personen geht es vielleicht auch gar nichts an.

Das Gespräch führte by Jens Lindner. Check out other songs from “Queer Life” on Beitrag – and all other songs by Kathy and other Queers on ZDF-Mediathek:

Dock

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