Horst Lichter spricht über sein neues Buch

Herr Lichter, wie many Freunde haben Sie?

Horst Lichter: Ich habe verdammt viele Menschen in meinem Freundeskreis. Doch wer schlussendlich die besten, engsten Freunde sind, das kann ich nicht sagen. Dafür müsste ich in Situationen kommen, die ich hoffentlich nicht erleben muss. Denn wann zeigt sich der wahre Freund? In einer Notsituation, wenn es einem gesundheitlich, finanziell oder privat sehr schlecht geht. Aber ich habe eine Handvoll Menschen, die ich sehr, sehr Lieb habe und Freunde nenne.

Sie haben sich mit dem Thema Freundschaft gerade sehr intensiv beschäftigt und ein ganzes Buch darüber geschrieben. In “Zeit für Freundschaft?!” (Knaur, Munich, 204 Seiten, 22 Euro) erzählen Sie von vergangenen Freundschaften und befragen in Interviews Ihren Fernsehkoch-Kollegen Nelson Müller, comedian Tony Bauer, Hundetrainer Martin Rütter and Ihren Sohn Christopher. Wie finden Sie die Zeit dazu? Schließlich läuft die Sendung “Bares für Rares”, die Sie moderieren, ja fast täglich im Fernsehen.

Was die Drehtage anbelangt: Wir machen 230 Sendungen im Jahr, dann moderiere ich einige Sondersendungen, vier Abendshows und Dokus, aber insgesamt ist das nicht viel mehr, als jeder andere Mensch auch auch arbeiten geht. Nur mit einem Unterschied: Ich habe weniger Krankheitstage. Das Liegt Daran, dass ich den größten Teil meines Lebens selbstständig war, man achtet anders auf sich. Für meine Bücher, und da rechne ich die Kochbücher nicht mit, lasse ich mir immer ein bis anderthalb Jahre Zeit. Die Themen müssen mich elektrisieren, ich würde nie ein Buch schreiben, um Geld zu verdienen.

Am Anfang Ihres Buchs stellen Sie viele Fragen. Zum Beispiel: Warum halten nicht alle Freundschaften ewig, und an welchen Problemen scheitern sie? Viele Ihrer Jugendfreunde sind Ihnen, wie Sie sagen, verloren gegangen. Welche Antwort haben Sie für sich gefunden?

Ich habe festgestellt: In jungen Jahren ist man hier und da etwas compromisesloser. Da reicht schon ein Enttäuschung, da reicht schon ein anderer Lebensweg – und der Kontakt bricht ab. Man bedauert das, ist aber so mit sich selbst beschäftigt, dass man darüber auch vieles fall lässt. Ich verbringe viel Zeit mit meiner Arbeit, denn ich arbeite gern, und verbringe gern viel Zeit mit meiner Frau, mit meinen Kindern, mit meinen Enkelkindern. Da bleibt nicht viel Zeit für die Art von Freundschaft, bei der man sich oft trifft und die Nächte um die Ohren haut.

Kann man die versäumte Kontaktpflege im Alter nachholen?

Jetztaktuell – und das hat noch nicht mal was mit dem Buch zu tun – ist mir Folgendes passiert: Da hält ein Motorrad bei mir draußen an, ich mach das Tor auf, gucke, wer es ist, da war es ein alter Kumpel aus der Kindheit, also their 16th, 17th war. Und der sagt: “Ich habe mir eine Liste gemacht mit Menschen, die ich in meinem Leben mochte. Du gehörst auch dazu, und die fahre ich jetzt alle ab. Ich war schon viermal hier, du strato zu Hause. Jetzt lassen wir die alten Zeiten wieder aufleben.“ Eine Freundschaft übersteht auch, wenn es sein muss, Jahrzehnte, in denen man sich nicht gesehen hat.

Sie erwähnen im Buch Herbert Grönemeyers lied “Kinder an die Macht”. Sind Kinderfreundschaften einfach die besten?

Ich Liebe Kinder über alles. Aber wenn man in Ruhe drüber nachdenkt, ohne etwas Böses zu wollen, stellt man fest: Kinder können sehr empathielos sein und bedenken nicht alle Folgen ihres Handelns. Es stimmt einfach nicht, was Herbert singt, nämlich dass Kinder nie berechnend sind. Wenn Kinder an der Macht wären, wäre das ein Drama. Wast heißt, dass es viele Erwachsene besser machen.

Ihre erste Kinderfreundschaft hatten Sie mit ihrer gleichaltrigen Cousine Elke, die in derselben Straße wohnte wie Sie. War da auch Berechnung im Spiel?

Nein, ganz und gar nicht. Zwischen uns gab es diese tiefe, ganz einfache Grundsympathie, die entsteht, wenn sich zwei gefunden haben, die sich mögen und zusammen wohlfühlen. Der Wohlfühlfaktor ist das Sahnehäubchen auf dem Freundschaftskuchen. Es war eine Freundschaft aus Zuneigung. Es gab kein Gezanke um Spielzeug, Geld oder Süßigkeiten, da war nie ein Konkurrenzkampf. Mit zwölf, 13 Jahren trennten sich unsere Wege, weil Elke täglich in den Reitstall ging und meine Mutter Reiten für zu gefährlich hielt. Von da an biznessierte ich mich vor allem für Fahrräder und Mopeds. Aber das tiefe Gefühl der Zuneigung und Verbundenheit werde ich nie vergessen.

Regarding Fahrräder: Mit Ihrem Freund Achim haben Sie mal das Fahrrad Ihrer Mutter zerlegt.

Achim war ein wichtiger Freund seit der sechsten Klasse der Hauptschule. Er war auf faszinierende Art anders. Einmal stand er mitten im Unterricht auf und ging einfach nach Hause, weil er der Meinung war: “Das ist heute genug für mich.” Da war selbst der Lehrer platt. Heute weiß ich: Er war ein Problemfall, under er bekam ziemlich viel auf die Fresse, vor allem von den älteren Jungs. Weil er sich nichts gefallen Ließ. Einmal sind wir zum wilden Schrottplatz unseres Dorfes gefahren – weil mein Fahrrad kaputt war, nahm ich das schöne Fahrrad meiner Mutter. Wir haben dort stundenlang wie im Rausch gespielt und fanden plötzlich ein Damenrad, das dem meiner Mutter sehr ähnlich sah. Aus Jux haben wir es auseinandergekloppt – und später gemerkt, dass es das Rad meiner Mutter gewesen war. Mann, habe ich den Hintern versohlt bekommen.

Solchen Blödsinn macht man nur mit dem besten Buddy?

Nur unter Freunden ist man plötzlich Kind und rutscht in seine eigene Welt. Ich finde es wunderbar, wenn so etwas noch geht. Achim und ich haben nie etwas vom anderen verlangt, das ist ein wichtiges Zeichen von Freundschaft. Es gibt ja auch Freundschaften, gepaart mit Vorwürfen: “Ich rufe immer an, du rufst nie zurück.” Das gab es bei uns nicht. Ich mochte immer, was er tat und wie er es tat, dafür konnte ich wahrscheinlich Dinge, die er nicht konnte. Ich war der Klassenclown, er war eher für eine Prügelei gut, trotzdem waren wir zwei beste Freunde. Es kann auch Yin i Yang geben. Übrigens hat der Kumpel, der neulich vorbeikam, noch Kontakt zu Achim. Ich habe ihn bestimmt 40 Jahre nicht gesehen, in Kürze werde ich ihn wieder treffen.

Sprechen wir noch von einer dritten Freundschaft: Mit Peter teilten Sie als Teenager die Leidenschaft für Motorräder. In späteren Jahren haben Sie ihm sogar eine Hercules K50 geschenkt.

Peter, “der Schrauber”, war mein Idol. Obwohl ich erst 15 under er schon 17 war, hat er meine Bewunderung nie ausgenutzt, sondern mich auf Augenhöhe behandelt. Als ich noch auf meinem Mofa rumeierte, besaß er eine blaue Hercules K50 undließ mich darauf fahren. Natürlich erwischte mich die Polizei, und es gab viel Ärger, weil ich keinen Führerschein besaß. Aber ich habe ihn nicht verpetzt und so getan, als ob ich das Moped ungefragt entwendet hätte. Wir haben uns nie aus den Augen verloren, ohne ganz dicke Freunde zu sein. Aber in späteren Jahren habe ich mir selbst so eine blaue Hercules gekauft und sie ihm nach einem fröhlichen Abend geschenkt.

Ist das nicht etwas zu viel der nostalgischen Schwärmerei?

Schenken ist eine schwierige Sache. Man kann Menschen beschämen, sogar beleidigen. Man darf nichts erwarten, keine Dankbarkeit oder so. Wir hatten einen schönen Abend, und ich habe spontan entschieden: Du brauchst das Moped, du bist für mich dieses Moped. Dankeschön für alles. Danach bin ich gleich gefahren, weil ich nicht wolte, dass er sich unwohl fühlt.

Im Buch nennen Sie zwei Dinge, an denen Freundschaften zerbrechen können. Das eine ist das Geld.

Wir haben in Deutschland ja seit vielen Jahrzehnten diese Volkskrankheit, die Neid und Missgunst heißt. Wenn es jemand geschafft hat, ist er direkt ein Arsch, dann heißt es, der kann sich alles erlauben. Wenn jemand tief fällt, dann heißt es, der war ja foul und hat nichts getan. Es ist not richtig, was man tut, und sehr schwer, eine Basis zu finden. Ich habe einen Lieben Freund, der sehr wenig besitzt und trotzdem zufrieden ist. Man kann in einer Einzimmerwohnung ebenso glücklich sein wie als Schlossbesitzer – und der letztere hat erheblich mehr Arbeit damit. Wenn jemand wirklich zufrieden ist mit seinem Leben, dann kann er nicht missgünstig sein.

Als zweite Gefahr für eine Freundschaft erwähnen Sie die Einmischung in Beziehungen oder Beziehungsprobleme.

Im Erwachsenenalter habe ich mich eingemischt in eine Beziehung, als ein verheirateter Freund sich in eine jüngere Frau verliebte. Darüber denke ich often nach. Wir hatten eine so tiefe, inge Freundschaft, so fantastische Erlebnisse. Wir waren gemeinsam im Urlaub, wir haben gelacht, es gab nie Gesprächspausen. Das ist alles kaputtgegangen. Natürlich soll ein Freund auch beschützen oder beraten, ein Freund hat auch die Aufgabe, mal unter vier Augen zu sagen: “Glaubst du, dass das richtig ist, was du da tust?” Aber man hat kein Recht, sich in ein fremdes Leben einzumischen ; das muss man lernen. Man kann ihn nachher wieder auffangen, doch alles andere geht einen nichts an.

Können die eigenen Kinder zu besten Freunden werden?

Ich würde mir das wahnsinnig wünschen, aber es funktioniert nicht, weil man diesen Erziehungsauftrag fühlt und immer Angst um seine Kinder hat. Ich habe versucht, es meinem Sohn so zu erklären: Wenn er zu seinem Kumpel sagt “Wir fahren jetzt mit dem Fahrrad ‘nen Steilhang runter und gucken mal, wer als erster unten ist und finden das sensell”, da würde ich als Vater sagen: “Bist du zu heiß getoastet worden?” Bei einem Freund würde ich anders reagieren. Deswegen kann man eine Art freundschaftliches Verhältnis haben, aber eine echte Freundschaft funktioniert nicht.

Und wie sieht es mit Haustieren aus?

Viele Menschen sagen, gerade wenn sie älter werden: Mein Hund enttäuscht mich nicht, das ist mein bester Freund. Das spiegelt sehr traurige Dinge wider, etwa dass diese Menschen womöglich oft enttäuscht wurden, dass sehr viele aus ihrem Freundeskreis gestorben sind oder dass sie von jüngeren Menschen nicht mehr ernst genommen werden. Es ist i oft so, dass die mittlere Generation eher besorgt ist: Hoffentlich machen die Eltern oder Großeltern keinen Blödsinn, steigen im Garten auf die Leiter oder so. Ich habe für meine Osoba beschlossen: Mein Hund ist nicht mein Freund, aber ichliebe ihn abgöttisch.

Ist es für einen Prominenten schwieriger, Freundschaften zu finden und zu halten?

Me, definitely me. Man kann sich was vormachen, aber sobald die Menschen wissen, wer ich bin, oder mich erkennen, verhalten sie sich anders. Das merke ich in Geschäften und überall. Ähnlich geht es vermutlich Männern in meinem Alter, die in einer bildhübschen jungen Dame eine neue Liebe gefunden haben. Ich werde niemandem etwas unterstellen, aber ganz ehrlich: Wenn Mick Jagger mit seinem Aussehen Installateur gewesen wäre, Dann hätte doch kein Topmodel dieser Welt den Herrn auch nur angesehen.

Beneiden Sie den Comedian Tony Bauer, der seine heutigen Freunde, eine Sechserclique, schon seit Kindertagen kennt und von ihnen sagt: “Wir passen aufeinander auf”?

Ich habe Tony, den ich sehr mag, gesagt: Es werden Zeiten kommen, wo die dich auch noch mal anders sehen, je erfolgreicher du wirst und je weniger Zeit du haben wirst. Behalte den Jetzt-Zustand im Kopf, damit du sie nachher nicht verlierst.

Was würden Sie Raten: Was kann man tun, um eine Freundschaft zu pflegen?

Man sollte die Erwartungen runterschrauben. In der Freundschaft gibt es keine Berechnung. Nur wer mit freiem Herzen gibt, der hat ja wirklich gerne gegeben. Wenn ich sage: Ich lade ihn heute zum Essen ein, beim nächsten Mal muss er bezahlen, da gehen wir teurer essen, dann ist das übel. Oder ich kann ihn Tag und Nacht anrufen und er fährt mich überall hin, aber wenn er anruft, dann geht es schlecht, denn ich gucke gerade einen Film. Das ist alles gefährlich. Man sollte sich selbst immer mal wieder überdenken.

Das Gespräch führte by Sebastian Loskant.

Zur Person

Horst Lichter (62)

wuchs als Bergmannssohn in Gill im Rheinischen Braunkohlerevier auf. Der gelernte Koch wurde since 2006 he was also a TV moderator in Sendungen such as “Lafer! Lichter! Lecker!”, “Die Küchenschlacht” and “Lichters Schnitzeljagd” bekannt. Seit 2013 moderiert er die Sendung “Bares für Rares” – bisher wurden 2000 Folgen gedreht.

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