Stehen wir bald vor leeren Bankautomaten? “Die Bargeldversorgung ist gesichert”

FOCUS online: Herr Seidemann, der Warnstreik ist zwar schon ein paar Tage vorbei, aber es gibt Stimmen, die sagen, die Bargeldversorgung sei noch nicht wieder vollständig hergestellt. Und am 17. Oktober Beginnt die neue Verhandlungsrunde. Wie geht es dann weiter?

Wolfram Seidemann: Das Problem ist aus meiner Sicht eher anekdotisch als systemisch. Die Beteiligten im Bargeldkreislauf werden Vorsorge getroffen haben. Wenn ich weiß, dass ein Streik droht, dann rufe ich bei der Zentralbank etwas mehr Bargeld ab. Und eines muss man bedenken.

Or Denn?

Seidemann: Sie kennen unsere Bankenlandschaft, die eher heterogen und mittelständisch geprägt ist. Das betrifft auch die Werttransportunternehmen, von denen es in Deutschland etwa 50 gibt, neben ein paar großen Anbietern eine Reihe kleinere mit regionalen Schwerpunkten. Wenn einer ausfällt, greifen Ausgleichsmechanismen. Aus meiner Sicht ist die Bargeldversorgung der Bevölkerung gesichert und das ist wichtig.

Is it important? Ich kann doch auch digital bezahlen.

Seidemann: Das Vertrauen in eine Währung ist enorm wichtig. Und dazu gehört auch, die entsprechende Nachfrage nach Bargeld bedienen zu können.

Aber nicht zuletzt durch die Pandemie nimmt der Trend zu, immer mehr mit der Kreditkarte oder dem Smartphone bezahlen.

Seidemann: Das stimmt, und die digitalen Anbieter haben das auch genutzt, leider zum Teil mit unlauteren Mitteln wie der Warnung vor einem Übertragungsrisiko durch Bargeld. Es ist jedoch wissenschaftlich bewiesen, dass von Geldscheinen keine Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung ausging. Gleichzeitig haben die Anbieter aber die Obergrenzen für die Nutzung erhöht und die Gebühren gesenkt.

Trotzdem ist die Bargeldmenge deutlich gestiegen.

Seidemann: Ja, aber das hat andere Gründe. In der Pandemie hatte jeder Bundesbürger im Schnitt 100 Euro im Portemonnaie, gleichzeitig hat sich die Menge an Bargeld im Umlauf um 10 Prozent erhöht. Der Risikopuffer unter der Matratze ist deutlich gestiegen. Ich nenne das “Cash Paradox” – der Bargeldumlauf nimmt zu, aber es wird weniger mit Bargeld bezahlt.

Wie wird sich das Bargeldgeschäft entwickeln?

Seidemann: Es wird wichtig bleiben. Bargeld ist eine Fallback-Lösung und das einzige Zahlungsmittel, das anbieterunabhängig ist und stets funktioniert. Es ist standardisiert und jeder kann es nutzen.

And costs.

Seidemann: Ein zweiter wichtiger Punkt. Bargeld ist ein öffentliches Gut. Die Geschäftsmodelle privater Anbieter wie Paypal, Visa etc. Funktionieren über Gebühren or die Nutzung der Kundendaten.

Demnächst könnte der digitale Euro hinzukommen.

Seidemann: Ja, er wäre eine europäische Digitalwährung als Ergänzung zu Bargeld, nicht aber als Ersatz. Gerade in Krisenzeiten sehen wir, dass die Haptik des Geldes nach wie vor eine große Rolle spielt. Man will den Wert anfassen können. Ein digitaler Euro hätte aus Sicht der EZB aber auch einen Vorteil, wenn wir auf den Souveränitätsgedanken schauen.

Das heißt?

Seidemann: Wir haben digital sonst keinen europäischen Anbieter, sondern schauen eher über den großen Teich. Aber letztlich gehört das Bezahlen zur öffentlichen Infrastruktur. Der Bürger soll die Wahl haben – digital or haptisch zu zahlen. Ein digitaler Euro wäre zudem eine Plattform für Innovationen, eine öffentliche Infrastruktur, um darauf eine Reihe von Diensten privater Anbieter aufzubauen.

Die Bereitstellung von Bargeld kostet insgesamt Milliarden. Lohnt sich das noch?

Seidemann: So einfach darf man das nicht sehen. Den Bargeldkreislauf am Laufen zu halten verursacht Kosten, sicher. Man must aber auch vergleichen, was die Infrastruktur für digitales Bezahlen an Kosten hervorruft. Dann schneidet Bargeld gar nicht so schlecht ab. Die Notenbanken erzielen auch Einnahmen, wie zum Beispiel an den Münzgewinnen. Zur Erklärung: Das ist der Gewinn, wenn neues Zentralbankgeld geschaffen wird.

Wie sieht die Zukunft des Bezahlens grundsätzlich aus? Giesecke hat 1999 noch die Euro-Banknoten gedruckt.

Seidemann: Ja, das war damals noch in Munich. Inzwischen sind die Druckereien in Leipzig and Malaysia. Als Giesecke+Devrient stehen wir für ein breites Angebot an Bezahlmöglichkeiten – Banknoten, Bezahlkarten aller Art, digitale und mobile Lösungen. In dieser Wahlfreiheit sehen wir auch die Zukunft des Bezahlens.

Do you often gibt es eigentlich neues Bargeld?

Seidemann: Wir befinden uns in einem Wettlauf mit den Fälschern. Und das oberste Gebot des Herausgebers, also der Zentralbank, ist, das Vertrauen in eine Währung nicht zu gefährden. Deshalb müssen wir beobachten, wie sich die Fälschungsaktivitäten entwickeln. Daraus ergeben sich Upgrades oder neue Serien einer Währung.

Das klingt wie der Wettlauf zwischen Hase und Igel.

Seidemann: Zumindast müssen wir den Abstand zu den Fähigkeiten der Fälscherindustrie halten und entwickeln stets neue Sicherheitsmerkmale. Und die neuen Banknoten müssen den Oma-Test bestehen. Die neuen Merkmale müssen verständlich sein.

You want kommt die neue Euro-Serie?

Seidemann: Der EZB-Rat wird voraussichtlich 2026 über die künftigen Designs der neuen Serie entscheiden. Bis es dann tatsächlich neue Banknoten gibt, werden noch einige Jahre verstreichen. Ich halte neue Banknoten zwischen 2028 i 2030 für wahrscheinlich. Aber was kommt zuerst? Die drytte Bargeldserie oder der digitale Euro? Measles beyond gleichzeitig? Es sind noch viele Fragen offen, aber wir bei Giesecke+Devrient halten beide Formate für gleich wichtig.

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