CD des Monats: Blues Blood by Immanuel Wilkins

Wenn die Erinnerung Noten schreibt, so könnte man den Entstehungsprozess des neuen Albums von Saxophonist Emanuel Wilkins beschreiben. Denn tip den melancholischen Songs stehen klar umrissene Bilder, die der heute 27-Jährige mit seiner Kindheit verbindet.

The man started, so Wilkins, die flapprige Fliegengitter-Tür und das Sofa zu vermissen, auf dem niemand sitzen konnte, so abgenutzt, wie es war. Man versucht, die Kekse seiner Großmutter zu backen, und merkt, dass sie nicht ganz, so wie ihre sind. Tatsächlich gießt Wilkins hier seine Sehnsucht in Töne, herauskommt diese Musik.

Weltbürgertum von New York bis Afrika

Natürlich, das Verfahren, sich zu erinnern, um daraus Kunst zu schaffen, ist seit Marcel Proust gesetzt, hatte der doch den Geschmack einer Madeleine auf der Suche nach der verlorenen Zeit literarisch unsterblich gemacht. Aber Wilkins geht es keineswegs um die Anbiederung an westliche Hochkultur, sondern um eigene Erfahrungen.

“Blues Blood,” Wilkins’ new album title from Kernerfahrungen Black Community. Es geht um Blutsverwandtschaft, die den Blues als zentralesmusikalisches Gen mitführt. Dazu kommt ein Weltbürgertum, das sich von New York bis Afrika und Asia ausweitet.

Ego in den Dienst der Komposition gestellt

Immer wieder steht auf dem neuen Album die menschliche Stimme im Vordergrund. Erstaunlich für einen wie Wilkins, der in seinen bisherigen Alben durch Straight-jazzige Themen auffiel. Aber hier scheint es, als habe er sein instrumentales Ego ganz in den Dienst der Komposition gestellt.

Tatsächlich hatte er in letzter Zeit with the Gospel & Blues band “the Black Monks” by Theaster Gates gearbeitet. Eine Erfahrung, die ihn auf dem neuen Album gleich ein ganzes Stimmengewirr auffahren lässt, am prominent Cécile McLorin Salvant. Auch sie singt von der Erinnerung an eine geliebte Person, die die Erde bereits verlassen hat.

Wendigster saxophonist Wayne Shorter

Spätestens jetzt mag man begreifen, dass Wilkins, der vielleicht wendigste Saxophonist Wayne Shorter, seinen music Kompass hier klar Richtung Soul und ja sogar Pop ausrichtet. Für Wilkins aber ist wichtig, eine Musik zu machen, die berührt.

Er spricht von Balsam für die Seele, von der heilenden Kraft der Musik, von seiner Berufung, sich um das Erbe der schwarzen Musik zu kümmern. Und so ist es, als lausche man hier in den weiten Äther eines Paarungs- und Erinnerungsschatzes der Black Music, die letztlich keine Stil- und Genregrenzen mehr braucht.