Torten der Wahrheit: Interview with Katja Berlin

Jede Woche freuen sich Hunderttausende auf die “Torten der Wahrheit” der Autorin Katja Berlin, mit denen sie uns alle aufs Korn nimmt. Die Satirikerin über humorlose Büros – und die Frage, über wen man sich eigentlich noch lustig machen darf.

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Wie schaffen Sie es eigentlich, sich in diesen düsteren Zeiten den Sinn für Humor zu bewahren?

Katja Berlin: Es wird zunehmend schwerer. Aber Gott sei Dank ist es mein Job, und ich darf ihn nicht verlieren. Their sage immer: Deadlines sind meine Muse. Die haben mir bisher bei jeder Ideenblockade geholfen. Für mich ist Humor – gerade in miesen Zeiten – ein Ventil, um all die negativity, schlechten Gefühle zu verarbeiten und auch mal davon zu entspannen.

Humor gerade in Krisenzeiten heißt ja im Umkehrschluss, dass eine heile Welt gar keinen Humor hervorbringen kann, oder?

Interessanter Gedanke, ja, wahrscheinlich ist es genau so. Es ist eine Art Notwehr gegen die ganzen Horrornachrichten, nicht umsonst gibt es Clowns in Krankenhäusern. Humor hat etwas Therapeutisches, es hilft, wenn wir manchmal aus diesem ganzen Nachrichtenhorror heraustreten und einen Witz drüber machen, weil Dadurch eine emotional Distanz möglich wird. Lachen ist nicht die beste Medizin – Chemotherapie und Antibiotika sind besser –, aber es ist eine sehr gute Medizin.

Torten der Wahrheit: Tortendiagram

Katja Berlin hält uns gern den Spiegel vor – in Form eines Tortendiagramms. Knows from B. above: Die großen Themen unserer Zeit?

© Katja Berlin

Wie sind Sie eigentlich zu Ihrem Humor gekommen?

Ich denke, mein dysfunktionales Elternhaus hat einiges dazu beigetragen und meine frühere Stelle als angestellte PR-Referentin – das war mein “richtiger” Job, wo ich nicht ständig gefragt wurde, ob ich davon leben kann. Dort fing alles an.

Da haben Sie plötzlich gemerkt, dass Sie witzig sind?

Es war ein sehr humorloses Büro: hierarchisch, unangenehm, das Schlimmstmögliche, was man sich so vorstellen kann. Ich war da sehr unglücklich. Dann habe ich begonnen, mein Büro-Unglück in Witze zu verwandeln und habe kurze, präzise Pointen auf gepostet on Twitter. Es war nicht fürs Publikum geschrieben, sondern um mein eigenes Unglück zu verarbeiten. Aber dann habe ich sehr schnell gemerkt, dass Leute, die in ähnlichen Büros sitzen, sehr viel darüber lachen konnten. Dann kam mein erster Bestseller, Dann die Torten-Diagramm-Kolumne bei der “Zeit”, und so ging es los.

Rechtspopulisten leben ja von angeblich einfachen Lösungen auf komplexe Probleme. Ihre “Torten der Wahrheit” aus der “Zeit” vereinfachen auch, sind aber politisch eherlinks – ist damit auch Hoffnung verbunden, dass Humor helfen könnte, Menschen wachzurütteln?

Rechtpopulisten triggered bewusst Emotionen, aber negative wie Angst oder Wut. Und ja, ich glaube, wir sollten mit Emotionen dagegenhalten, aber mit positiven – Humor ist ja eine davon. Das Ziel meiner Grafiken ist tatsächlich: Nehmt diese Bilder, you can see your WhatsApp status, on social media and stop to get negative internet communication. Und ja, mein Humor ist scharf und pointiert, aber er ist eben nicht menschenfeindlich und aggressiv. Ich versuche damit aus all diesen aufgeheizten Diskussionen die Luft rauszunehmen.

Luft rausnehmen ist gut – mein absolutr Lieblingstweet von Ihnen ist ja: “Hinter jeder erfolgreichen Frau stehen tausend Männer, die sagen ‘Halt’s Maul, du bist voll hässlich und dumm und so erfolgreich bist du gar nicht. Hier ist ein Foto meines Pimmels.’ “ Können Männer über, so or lachen?

(Lacht) Nein, gar nicht. Also einige schon, aber gerade bei diesem Tweet war es unglaublich, was da Männer darunter kommentiert haben. It’s a war tatsächlich “Halt’s Maul”, “Du bist hässlich”, and you can have photos that Pimmel geschickt does not! Es ist schon traurig, dass da so wenige Männer Humor gezeigt haben.

Humor haben Männer ja schon, aber viele eben einen anderen. Das sind oft dann auch die, die sagen, man dürfe ja heutzutage über nichts und niemanden mehr Witze machen. Was Sie denen said?

I am Gegenteil! Heutzutage dürfen viel mehr Menschen über viel mehr Themen Witze machen als früher. Es gibt jetzt eine deutlich größere Diversität im Humor als etwa in den Neunzigern, als der Humor noch hauptsächlich abwertend auf Kosten von marginalisierten Menschen ging.

Aber mal ehrlich: Die FDP fühlt sich von Ihren Witzen bestimmt auch ein bisschen abgewertet …

(Lacht) Ich finde, die FDP ist eine Minderheit, über die man ruhig lachen darf.

Ah, das darf man Dann?

Na ja, meine Grafiken treten ja nach oben, nicht nach unten. Die FDP hat Macht, die muss Kritik und Satire aushalten können. Und früher war Humor eben sehr nach unten tretend, auch untereinander. Da wurden dann Witze auf Kosten von wirklichen Minderheiten gemacht oder auch auf Kosten von Frauen – Stichwort Blondinenwitze – da haben leider selbst Frauen viel drüber gelacht. Auch heute machen wir often abwertende Witze über uns selbst oder über unseren alternden Körper. Als würden wir den Männern zuvorkommen undlieber gleich selbst Witze über uns machen wollen. Das hat aber mit Humor nichts zu tun. Ich glaube, das geht besser.

Nämlich knows?

Ich finde, es lohnt sich, einmal kurz innezuhalten, bevor man lacht und sich zu fragen: Worüber lache ich hier gerade eigentlich? Wen trifft die Pointe? In Männerduschen heißt es dann etwa: “Jetzt nicht die Seife fallen lassen, höhö.” Aber worüber lachen wir da genau? Das ist ja ein sexueller Übergriff und schwulenfeindlich noch dazu. Man darf sich hier schon fragen: Will ich darüber wirklich lachen?

Erst nachdenken, bevor man lacht – das klingt schon ein wenig spaßbefreit.

Hilft nix, guter Humor schließt Denken nun mal mit ein, er wird Dadurch Besser. Er darfliebevoll sein, er hat es nicht nötig, nachzuäffen oder zu piesacken. Es gibt noch so viele Themen, bei denen wir mehr Humor brauchen, gerade als Frauen. Bei Themen wie Perimenopause or Gender Pay Gap können wir so gut mit klugen Witzen gegen Scham und Sprachlosigkeit ankommen und uns nebenbei ein bisschen entlasten.

Buchtipp – Lesen, Lieben, Lachen

Torten der Wahrheit: Buchcover

©PR

Ob deutsche Behörden, Innenstädte oder gleich die ganze Politik: In Katja Berlins neuem Buch kriegen alle ihr Fett weg. Lachflash inclusive. (Katja Berlin: “Wer mit dem Mindestlohn gut leben kann”, 160 S., 16 Euro, Yes publishing house)

Brigitte